Mit dem Jahressteuergesetz 2022 wurden die Vorschriften zur Bewertung von Grundbesitz für die Erbschaft- und Schenkungsteuer ab dem Jahr 2023 angepasst. Die Änderungen sind an die im Juli 2021 revidierte Immobilienwertermittlungsverordnung gekoppelt und basieren somit auf den aktuellen Verkehrswerten. Sie waren auch notwendig, um den Anforderungen des Bewertungsgesetzes (BewG) an die Ermittlung eines möglichst realitätsnahen Verkehrswertes gerecht zu werden.

SACHWERTVERFAHREN

Die wesentlichen Änderungen wurden im Sachwertverfahren durchgeführt. Dieses Verfahren wurde um einen sogenannten Regionalfaktor ergänzt. Dieser Faktor soll die regional unterschiedlichen Preisentwicklungen widerspiegeln. Maßgeblich sind die Regionalfaktoren der Gutachterausschüsse. Wenn keine Regionalfaktoren verfügbar sind, sollte der gesetzliche (neutraler) Regionalfaktor von 1,0 angewendet werden.

Die Gesamtnutzungsdauer für Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum wurde ebenfalls geändert und von 70 auf 80 Jahre erhöht. Zudem gilt eine „Wohnung“ i. S. des Bewertungsrechts bereits ab einer Wohnfläche von 20 qm (bisher 23 qm).

ERTRAGSWERTVERFAHREN

Die Änderungen bei der Ermittlung nach dem Ertragswertverfahren beziehen sich auf die Ermittlung der Bewirtschaftungskosten. Statt der bisherigen pauschalen Ermittlung auf Basis eines Prozentsatzes der Jahresmiete werden die Bewirtschaftungskosten auf Grundlage der Quadratmeteranzahl, des Rohertrags und unter Aufschlüsselung auf Verwaltungskosten, Instandhaltungskosten und Mietausfallwagnis ermittelt. Die pauschal Liegenschaftszinssätze wurden auch gesenkt:

●      für Mietwohngrundstücke 3,5 % (bisher 5,0 %)

●      für gemischt genutzte Grundstücke (Gewerbeanteil bis zu 50 %) 4,5 % (bisher 5,5 %)

●      für Geschäftsgrundstücke 6,0 % (bisher 6,5 %).

Die pauschalen Liegenschaftszinssätze kommen nur dann zur Anwendung, wenn keine von den Gutachterausschüssen veröffentlichten Liegenschaftszinssätze zur Verfügung stehen.

Wirkliche Auswirkungen auf den Wert des Grundbesitzwertes haben die neuen Regelungen nur bei bewerteten Grundstücken, bei denen die örtlich zuständigen Gutachterausschüsse keine Daten zur Anwendung des Vergleichswertverfahrens zur Verfügung stellen. Dem Steuerpflichtigen bleibt aber weiterhin die Möglichkeit, dem Finanzamt nachzuweisen, dass der Verkehrswert des Grundstücks niedriger ist als der vom Finanzamt nach den Vorschriften des BewG ermittelte Wert. Zum Nachweis ist ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen erforderlich.