Die fortschreitende Digitalisierung sowie auch die Pandemie hat die Arbeitswelt verändert. Viele Arbeitnehmer arbeiten derzeit ausschließlich aus dem Homeoffice. Sofern ein Arbeitnehmer in einem anderen Staat lebt, stellt sich für den Unternehmer die Frage, ob eine Betriebsstätte in einem anderen Staat begründet wird.

Eine Antwort auf diese Frage ist nicht immer einfach und sie ist unter Berücksichtigung der nationalen Regelungen der jeweiligen Einzelstaaten sowie der internationalen Regelungen (u.a. Doppelbesteuerungsabkommen sowie OECD-DBA-Musterkommentar bzw. dem OECD-Leitfaden) zu bestimmen.

Was eine Betriebsstätte ist und wann diese begründet wird, ist im nationalen Recht in § 12 der Abgabenordnung (AO) geregelt. Eine Betriebsstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens für eine gewisse Dauer dient. Wird von vornherein beabsichtigt, eine Einrichtung (z.B. Homeoffice) nur kurzfristig zu nutzen, so liegt grundsätzlich keine Betriebsstätte vor. Auch die Verfügungsmacht des Arbeitgebers an privaten Räumen des Arbeitnehmers sowie die Art der ausgeübten Tätigkeiten spielt eine entscheidende Rolle bei der Qualifizierung einer Betriebsstätte. Nach deutschem Steuerrecht wird eine Betriebsstätte regelmäßig nur dann gegründet, wenn der Arbeitgeber jederzeit Zutritt zu der Wohnung des Arbeitnehmers hat und die Tätigkeiten des Arbeitnehmers keine Hilfstätigkeit darstellen.

Im internationalen Recht wird die Betriebsstätte in Art. 5 OECD-DBA-Musterkommentar 2017 bzw. in den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) definiert. Die abkommensrechtliche Begriffsbestimmung der Betriebsstätte ist mit der Definition nach § 12 AO nicht identisch, trotzdem bestehen Ähnlichkeiten. Bei einer “Homeoffice-Betriebsstätte” muss es sich ebenfalls um eine feste Geschäftseinrichtung handelt, die dauerhaft und regelmäßig durch den Arbeitnehmer für die Unternehmenstätigkeit genutzt wird. So ist bei bloßen Hilfs- und Nebentätigkeiten grundsätzlich eine Betriebsstätte zu verneinen. Häufig ist die ständige Verfügungsmacht des Arbeitgebers über das Homeoffice ausschlaggebend. Steht dem Mitarbeiter die Möglichkeit zu, im Unternehmen einen Arbeitsplatz zu nutzen und liegt keine Verfügungsmacht des Arbeitgebers über das Homeoffice vor, dann wird auch keine Betriebsstätte begründet Nach der aktuellen Auffassung der OECD soll aber während der Pandemie eine Homeoffice-Tätigkeit nicht zu einer Betriebsstätte führen (vgl. aktualisierter OECD-Leitfaden v. 21.1.2021 zu den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf DBA, Tz. 14ff.).

Diese Grundsätze gelten nicht für die Fälle, in denen der Arbeitnehmer eine Vollmacht besitzt und im Namen des Unternehmens Verträge abschließen kann (Vertreterbetriebsstätte).

Zu beachten ist, dass die Homeoffice-Tatbestandsmerkmale von den ausländischen Finanzverwaltungen unterschiedlich interpretiert werden. Zum Beispiel geht die österreichische Finanzverwaltung bei einer Tätigkeit von mindestens 50 % im Homeoffice grundsätzlich von einer Betriebsstätte aus. Demgegenüber orientiert sich Frankreich an der Auffassung des OECD-MK 2017 und besteuert Homeoffice-Fälle nicht als Betriebsstätte, sofern dem Arbeitnehmer ein Arbeitsplatz im Unternehmen zur Verfügung steht. Damit mögliche Risiken einer Doppelbesteuerung aufgrund unterschiedlicher Interpretationen der beteiligten Staaten vermindert werden können, sollte jeder Fall rechtzeitig gesondert geprüft werden.