Der BFH hat mit dem Urteil vom 01.03.2021 entschieden, dass bei einer Veräußerung des selbstgenutzten Wohneigentums innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist der Veräußerungsgewinn in vollem Umfang von der Besteuerung ausgenommen ist. Das bezieht sich auch auf die Wohnungsräumlichkeiten, die im Rahmen einer Überschusseinkunftsart als häusliches Arbeitszimmer genutzt werden.
Nach § 23 i. V. m. § 22 Einkommensteuergesetz (EStG) unterliegen die privaten Grundstücks-veräußerungsgeschäfte der Besteuerung, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung weniger als zehn Jahre beträgt. Dabei sind die Wirtschaftsgüter von der Besteuerung ausgenommen, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).
Im Streitfall veräußerte im Jahr 2017 die Klägerin (Lehrerin) eine Eigentumswohnung, die sie im Jahr 2012 erworben hatte. Die Veräußerung erfolgte im Rahmen der 10-jährigen Spekulationsfrist und grundsätzlich führte dies nach § 23 (1) EStG zu einem steuerpflichtigen Gewinn. Da sie die Wohnung zu Eigenwohnzwecken genutzt hat, wurde die Veräußerung gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG als nicht steuerpflichtiger Gewinn anerkannt. Allerdings hatte die Lehrerin in dieser Wohnung ihr häusliches Arbeitszimmer gehabt und die Aufwendungen im Rahmen der Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend gemacht.

Das Finanzamt hat sich diesbezüglich auf das bisherige BMF-Schreiben vom 27.10.2000 berufen und die Auffassung vertreten, dass das häusliche Arbeitszimmer keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken darstellt. Damit sei der Teil des Veräußerungsgewinns, der auf das häusliche Arbeitszimmer entfällt, nicht als nach § 23 EStG befreit anzusehen.

Der BFH hat dieser Ansicht der Finanzverwaltung widersprochen. Im Rahmen der Begründung setzte sich der BFH ausführlich mit dem Tatbestandsmerkmal „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ auseinander. Das Tatbestandsmerkmal der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG setze voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen bewohnt wird. Ein Gebäude werde auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn es der Steuerpflichtige nur zeitweilig bewohnt, sofern es ihm in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht. So genüge bereits eine geringe Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, um (typisierend) davon auszugehen, dass ein häusliches Arbeitszimmer stets auch zu eigenen Wohnzwecken genutzt werde.

Zu beachten ist, dass die Entscheidung zu Überschusseinkünften ergangen ist und nicht für die Gewinneinkünfte gilt.