Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Höhe der Verzinsung von Steuernachforderungen und auch Steuererstattungen ab dem Jahr 2014 verfassungswidrig ist. Der Gesetzgeber ist nun verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen.

Gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO) beginnt der Zinslauf 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Die Zinsen betragen nach § 238 Abs. 1 AO für jeden vollen Monat des Zinslaufs 0,5 %, mithin 6% jährlich. Von der Verzinsung erfasst werden nur die in § 233a Abs. 1 Satz 1 AO abschließend aufgezählten Steuerarten: Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Vermögensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer. Die Verzinsung gilt sowohl für Steuernachforderungen als auch Steuererstattungen.

Der im Steuerreformgesetz 1990 eingeführte Zinssatz von monatlich 0,5 % hat den damaligen Verhältnissen am Geld- und Kapitalmarkt entsprochen. Nach Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 hat sich jedoch ein strukturelles Niedrigzinsniveau entwickelt, das nicht mehr Ausdruck üblicher Zinsschwankungen ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem am 08.07.2021 veröffentlichten Beschluss (Az. 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17) festgestellt, dass die seit dem Jahr 2014 geltende Verzinsung, mit einem Zinssatz vom 0,5% pro Monat, als nicht mehr angemessen und realitätsfern anzusehen ist und gegen den Gleichheitsgrundsatz Art. 3 Abs. 1 GG verstößt.

Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist das bisherige Recht für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume weiter anwendbar. Für Verzinsungszeiträume ab 2019 dürften bis zur gesetzlichen Neuregelung vorerst keine (Nachzahlungs- und Erstattungs-)Zinsen festgesetzt werden. Erst wenn eine Gesetzesanpassung erfolgt ist, können dann rückwirkend Zinsfestsetzungen erfolgen. Bezüglich einer möglichen verfassungsgemäßen Zinshöhe hat das Bundesverfassungsgericht keine Aussage getroffen, insofern ist die Neuregelung durch den Gesetzgeber abzuwarten.